Via Lentia

Chorwochenende in Raach/Hochgebirge
(06. – 09. Apr 2019)

April 11th, 2019 | Posted by TP in Archiv

Kommentar einer Begleitperson

Was war diesmal los am Chorwochenende? Gesamtproben, Lernen, fantastisches Essen, Stimmcoaching, Nachtspaziergang, Fußball, spontan-verrückte Foto- und Tanz-Sessions, Spiele, das Übliche also … Allerdings kann ich nach meinem zweiten Chorwochenende als Begleitperson von folgendem Phänomen berichten: der „Sogwirkung“ im Chor.

Wenn man sich nämlich von der ganzen Sache hineinsaugen lässt, fühlt man sich so, als wäre man wieder im Chor. Man fühlt sich, als wäre alles wie früher. Man ist umgeben von lieben Menschen, die sich untereinander unglaublich gut verstehen und die zuallererst das gemeinsame Singen verbindet … oder noch besser: der Wunsch, wirklich gute und schöne Musik zu machen. Und dann kommt man vom Chorwochenende zurück und muss sich mit der Tatsache abfinden, dass dieses schöne Gefühl nur ein Zustand für die Dauer von vier Tagen war. Denn man war ja „nur mehr“ Begleitperson.

Ich muss aber sagen, ich hab (für meine Verhältnisse) lange durchgehalten. Probe für Probe hab ich eins meiner Bücher aufgeschlagen, gelesen und dem Chor beim Proben zugehört. Vielleicht hab ich auch ab und zu hinter einem Buch meine Lippen zu „Sanctus“ mitbewegt, aber das hat bestimmt keiner gesehen.

Gleichzeitig hab ich ganz pflichtbewusst die Aufgaben einer Begleitperson erfüllt: Ich hab durchgezählt, geschundene Fußballer mit Bepanthen versorgt, für absolute Stille in der Lernzeit gesorgt; ja ich konnte den Jüngeren sogar mit meinem Italienisch- und Mathe-Wissen weiterhelfen. Außerdem auf keinen Fall zu vergessen: die Begleitung bei der Messe in Maria Schutz am Sonntag, das einzige Ereignis am Chorwochenende, bei dem der gesamte Chor Goa- und Jogginghosen gegen öffentlichkeitstaugliche Kleidung tauscht.

Erst am Sonntagabend bin ich schwach geworden und habe mich in guter alter Gewohnheit für „That Lonesome Road“ in den Sopran gestellt – natürlich nicht ohne mir vorher die Erlaubnis vom Scheffe zu holen. Da war es dann nicht überraschend, dass mich das Alte-Chorlieder-Singen beim traditionellen Nachtspaziergang total in die Chorstimmung hineingezogen hat. Zu meiner Verteidigung: Es gibt kaum etwas Stimmungsvolleres, als wenn sich der Chor dabei gegen 23 Uhr mitten im Wald wie selbstverständlich zu einer Art Chorkreis formiert, bei dem die Kleinen in der Mitte sitzen und von den Großen, die außerhalb stehen, angesungen werden.

Der Chor ist eben ein bisschen wie eine Familie. Und ich glaube, dass genau das der Grund für die Sogwirkung ist. Man weiß einfach, dass man immer Teil dieser Familie bleiben wird und wenn man einmal maturiert hat, ist es verdammt schwer, sich von der Rolle des aktiven zu der eines passiven Familienmitglieds umzustellen. Und manchmal saugt einen etwas zurück in die aktive Rolle. Sei es die Musik, die Chorliebe oder sonst was. Natürlich ist es dann nicht gerade förderlich, aufs Chorwochenende mitzufahren, da hier die „Wiedereinsaugungsgefahr“ besonders groß ist.

Aber eigentlich sind es doch gerade die Ereignisse, die einen besonders einzusaugen drohen, die das Begleitpersonsein erst so schön machen. Ich meine, wer kann schon nach der Matura dabei sein, wenn der Chor bei einem unglaublich lässigen Arrangement von „Happy“ erstmals eine einheitliche Klatsch- und Schreit-Choreo durchzieht bei der alle lässig ihre Hüften schwingen, oder wer kann das Knacken des Jahrzente alten Topfenknödelrekords miterleben? Da nimmt man so ein bisschen Sogwirkung doch gerne in Kauf – auch wenn’s am Schluss ein paar Tränen kostet.

Text: Vroni

Fotos: Antonia, Adrian

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